Anzahlungsbürgschaft bzw. Vorauszahlungsbürgschaft: Definition und Beispiel
Eine Anzahlungsbürgschaft gehört zu den Bürgschaften, die überwiegend im gewerblichen Bereich verwendet werden. Es geht hier darum, hohe Vorauszahlungen eines Auftraggebers gegen Verlust abzusichern, weshalb diese Bürgschaftsform auch als Vorauszahlungsbürgschaft bezeichnet wird.
Vorauszahlungen fallen häufig in der Baubranche an, wenn der Auftragnehmer zunächst Material kaufen muss, bevor er mit der Ausführung seines Auftrags beginnen kann. Um diese Käufe zu tätigen, verlangt er eine Anzahlung des vereinbarten Kaufpreises vom Auftraggeber. Dieser wiederum hat die Möglichkeit, sich durch die Forderung nach einer Anzahlungsbürgschaft vor dem Fall zu schützen, dass der Auftragnehmer das Geld ausgibt, und dann aufgrund von beispielsweise Insolvenz den Auftrag nicht mehr zu Ende bringen kann. Der Bürge verpflichtet sich dazu, die Vorauszahlungssumme zu erstatten.
Im kleineren Rahmen, mit geringeren Geldsummen, kann eine Vorauszahlungsbürgschaft auch im Einzelhandel vorkommen, wenn ein Käufer eine Anzahlung machen muss, bevor er ein Produkt oder eine Dienstleistung erhält, und dieses investierte Geld abgesichert wissen möchte.
Ein Praxisbeispiel für die Anzahlungsbürgschaft
Ein Unternehmen möchte ein neues, modernes Fabrikgebäude bauen lassen und engagiert dafür eine Baufirma. Diese kalkuliert, bevor sie mit dem Bau beginnen kann, hohe Materialkosten und verlangt von dem Auftrag gebenden Unternehmen eine Vorauszahlung in Höhe von 40 % des vereinbarten Gesamtpreises.
Natürlich muss der Auftraggeber diese Zahlung leisten, andernfalls kann das Projekt nicht umgesetzt werden. Da er jedoch besorgt darüber ist, diese hohe Geldsumme eventuell zu verlieren, wenn der Auftragnehmer während des Bauprojekts Insolvenz anmelden muss oder es aus anderen Gründen nicht vollenden kann, fordert er vom Auftragnehmer eine Anzahlungsbürgschaft.
Die Baufirma schließt eine Kautionsversicherung ab, sodass ein Versicherungsunternehmen als Bürge auftritt. Dieses verpflichtet sich dazu, dem Auftraggeber die Vorauszahlung zu erstatten, falls der Auftragnehmer seinen Auftrag nicht erfüllen kann. Als Gegenleistung für das Risiko, das das Versicherungsunternehmen auf sich nimmt, entrichtet der Auftragnehmer – so wie bei jeder anderen Versicherung auch – eine Gebühr an das Versicherungsunternehmen.
Banken und Versicherungen als mögliche Bürgen bei der Anzahlungsbürgschaft
Bei der Vorauszahlungsbürgschaft gibt es im Wesentlichen zwei Institutionen, welche als Bürgen infrage kommen: Banken und Versicherungen. Obwohl beides möglich ist, gelten Versicherungen als die bessere Wahl, da sie bessere Konditionen bieten.
Möchte eine Firma ein Versicherungsunternehmen als Bürgen haben, muss sie eine Kautionsversicherung eingehen. Diese kostet zwar einen regelmäßigen Beitrag, aber dafür übernimmt die Institution neben der Anzahlungsbürgschaft, wenn nötig, noch weitere Bürgschaftsarten und Sicherheiten, zum Beispiel Erfüllungsbürgschaften, Gewährleistungsbürgschaften, Zahlungsgarantien oder Zollbürgschaften.
Ist die Bonität in Ordnung, so geht der Vertragsabschluss in der Regel unkompliziert und schnell, der zu entrichtende Beitrag wird transparent berechnet. Hat der Auftragnehmer gleichzeitig mehrere Projekte laufen, die alle eine Anzahlungsbürgschaft erfordern, wird ein Bürgschaftsrahmen für ihn festgelegt, also ein Maximalbetrag, den alle Vorauszahlungsbürgschaften zusammen nicht übersteigen dürfen. Diese Lösung ist deshalb sehr vorteilhaft, weil dann nicht für jede einzelne Anzahlungsbürgschaft ein neuer Vertrag abgeschlossen werden muss.
Banken ermöglichen Anzahlungsbürgschaften durch die Ausgabe eines sogenannten Rahmenkredits, auch genannt Abrufkredit, an den Auftragnehmer. Dieser Kredit kann – genau wie der Bürgschaftsrahmen bei der Versicherungslösung – auch mehrere Anzahlungsbürgschaften umfassen. Seine Höhe entspricht der festgelegten Maximalhöhe aller Anzahlungsbürgschaften zusammen.
Wenn eine Bürgschaft zum Einsatz kommt, verringert sich die Kredithöhe um den Betrag dieser Bürgschaft. Einen Rahmenkredit zu bekommen gilt aber als kompliziert und schwierig; Banken verlangen meist als Voraussetzung eine sehr gute Bonität.
Höhe und Dauer der Anzahlungsbürgschaft
Die Höhe der Anzahlungsbürgschaft beträgt ganz einfach die vom Auftraggeber getätigte Anzahlungssumme. Der Bürge muss, bei Unfähigkeit des Auftragnehmers, seine Arbeit zu vollenden und sein Ergebnis oder Produkt zu liefern, exakt die Höhe rückerstatten, die vorausgezahlt worden war.
Die Bürgschaft endet in der Regel mit der Erfüllung des Auftrags durch den Auftragnehmer. Der Auftraggeber, der als Sicherheit die Bürgschaftsurkunde einbehalten hatte, gibt diese an den Bürgen zurück.